Exkursionen


FGD Exkursion Vitra-Campus

 

Organisator: Joachim Stockert 

Samstag 09.07.2022 um 9:50 - 14:00 Uhr

 

 

Teilnehmer: Juliane Essig, Rainer Grossmann, Peter Hartman, Rolf Heesel, Magdalena Lederer, Brigitte Oldenburg-Hartman, Bernhard Smeets, Renate Strobel, Veronika von Oeynhausen, Sissi und Bernhard Wißgott, Brigitte und Klaus Wittkämper

 

Als wir am Ende der Besichtigung mittels eines Durchlasses den inneren Bereich verließen, sprachen zwei dort anwesende VITRA-Mitarbeiterinnen Joachim Stockert mit der Frage an: “ Hast Du sie zum Strahlen gebracht?“ (Gemeint waren wir als seine Zuhörer)   Es war die richtige Frage zum Abschluss  dieser lebhaften Führung und der umfangreichen Wissensvermittlung, vielfache launige Einwürfe eingeschlossen. 

 

VITRA, das ist gleichzeitig eine Firmen- und eine Familien-Geschichte, die Geschichte der Unternehmerfamilie Fehlbaum aus der Schweiz und der VITRA-Ansiedlung in Weil am Rhein. Diese Geschichte reicht zurück bis ins Jahr 1934 und beginnt mit einem kleinen Gartengrundstück, welches dem Gründer Willi Fehlbaum als zunächst  einzigem Grundbesitz auf Weiler  Boden zur Verfügung stand.  Die Frau dieses Gründers hatte eine Vision: Sie spürte, dass hier etwas Grosses entstehen könnte und erweiterte  nach und nach das Gartengrundstück durch Zukäufe  zu einem sehr grossen Areal, dem heutigen Firmengelände der Firma VITRA.

 

1953 entstand das erste Fabrik-Gebäude, und nachdem man 1957 die Lizenz für die Möbel-Entwürfe von Charles und Ray Eames erworben hatte, ging es bergauf. Ein riesiger Brand, hervorgerufen im Jahr 1981 durch Blitzschlag, liess die Fehlbaum-Verantwortlichen nicht innehalten; schon nach sechs Monaten war eine neue Produktionsstätte entstanden,  entworfen von Nicholas  G r i m s h a w , einem britischen Industrie-Architekten. Grimshaw arbeitete mit vorfabrizierten und modularen Bauelementen, beim VITRA errichtete er ein Gebäude als Stahl- und Beton-Tragewerk, deren Fassaden mit Blechelementen verkleidet wurden. Nach dieser Idee entstanden auf dem Gelände zwei Fabrikhallen (1981 und 1983) 

 

Stahl, Metall und Glas sind die typischen Materialien dieser industrielleren Hightech-Architektur mit ihrer speziellen Ästhetik. Treppen, Nebenräume, Toiletten u.Ä. sind bei VITRA aussen angedockt. Das ermöglicht eine hohe Flexibilität für die Produktion, die sich heute immer wieder nach neuen Erfordernissen ausrichten muss.  

 

Ein weiteres Industrie-Gebäude wurde 1994 nach den Plänen des Portugiesen  Á l v a r o

 S i z a  errichtet.  Es ist eine Stahlkonstruktion mit Sockeln aus Granit, mit  rotem holländischen Backstein verkleidet und unterstreicht die ruhige klassische Architektur dieses Architekten. Siza  bevorzugt diese Bauweise mit ruhigen Formen und einfachen Materialien. Auf dem VITRA-Gelände tritt er damit bewusst zurück gegenüber der Architektur vom Frank Gehry und Zaha Hadid.

Originell ist die von Siza entworfene Überbrückung zwischen Grimshaw- und Siza-Halle, die den Personen- und Warenverkehr zwischen den Hallen bei schlechtem Wetter schützt. Die Überbrückung wird bei Regen automatisch abgesenkt. 

 

Das Feuerwehrhaus der Architektin  Z a h a   H a d i d, ihr erstes Bauwerk, lag anschließend auf unserem Weg. Diese Bauskulptur aus Beton zeichnet sich u.a. durch geneigte Wände und vorschnellende Dachplatten aus, durch expressive Schrägen,Kanten und Winkel und wirkt bewusst unharmonisch und unruhig. Sie ragt pfeilartig in die Landschaft und erinnert an ein Schiff, Stilrichtung: Dekonstruktivismus.

Das Gebäude dient heute als Veranstaltungsraum, da die Werksfeuerwehr der Firma VITRA schon vor Jahren aufgelöst wurde  

 

Die japanische  S A N A A  - G r u p p e   entwickelte und baute 2012 das markante Rund-Gebäude  . Die SANAA- Architekten vertreten mit ihren Arbeiten eine Architektur der Leichtigkeit und der Präzision und stehen für eine konsequente Reduktion. Auch hier ging VITRA wieder neue Wege: Die  SANAA-Leute waren zwar renommierte Architekten, man hatte aber noch nie ein Industriegebäude entworfen. Die grosse runde Halle verblüffte zunächst, aber dann zeigten sich die Vorzüge: z.B. die grosse Flexibilität, es kann z.B.  überall angedockt werden. Mit einem Durchmesser von 160 m und einer Höhe von 11 m ist es das größte Gebäude auf dem VITRA-Campus. Die Fassade besteht aus ca. 1,8m breiten und 11m hohen Elementen aus gewelltem Acrylglas.

Insgesamt vermittelt die Halle einen Eindruck von Leichtigkeit und Transparenz.

 

Etwa in gleicher Größe wie das erste Gebäude von Grimshaw entstand 1989 ein Fabrikgebäude, welches Frank Gehry gestaltet hat. Die typisch Gehryschen Elemente am Kopf des Gebäudes korrespondieren mit den Formen des gegenüber liegenden VITRA-Museums. Der grössere Teil dieses Fabrikgebäudes wirkt dagegen schlicht. 

 

Der Konferenz-Pavillon von  T a d e o   A n d o  entstand 1993. Seinerzeit noch kaum bekannt, gehört Ando heute zu den Großen der Architektur. 

Der Architekt war gleich beim ersten Besuch angetan von den Kirschbäumen,  Teile des Gebäudes verlegte er unter die Erdoberfläche, damit die Gebäudehöhe nicht die Bäume überragte. Beton wirkt normalerweise rau, Ando gab dem Material einen seidigen Griff. Die  Raummaße legte er nicht in Metern an, sondern er orientierte sich an der Größe der Holzpanele, wie sie in immer  einheitlicher Größe seit jeher in japanischen  Häusern verwendet werden. 

Da die Räume Gesprächen dienen und der Kontemplation, belässt Ando dort nur Sitzmöbel und Tische, sonst nichts. Auch die Wände sind leer leer. Da dies der Akustik eigentlich nicht  zuträglich ist, brachte der Architekt in jedem Raum grosse durchlöcherte Holzplatten an und löste damit das Problem. Die Wege zum und im Gebäude sind schmal, ebenso die Eingänge und die Treppen im Haus: Nachdenklich  soll man sich schon nachdenklich ins Haus begeben und auch dort so verhalten, nebeneinander zu flanieren und dabei zu parlieren passt nicht ins Bild.

 

Zum VITRAHaus , von den Architekten  H e r z o g  &  d e  M e u r o n  2010 errichtet als  großartige Präsentations-Landschaft der Firma VITRA, nur folgende Zahlen: Bestehend aus 12 miteinander verbundenen Häusern, der modernen  Darstellung  Markgräfler

Häuser mit ihrer Dachlandschaft ist es 57 m lang, 54 m breit und 21,3 m hoch. 

Über das VITRAHaus berichte ich nicht, jeder kann es für sich erkunden und er wird vieles 

entdecken. Noch kurz zur Einordnung dieses Gebäudes in den VITRA-Campus: Es gibt kaum unterschiedlichere Auffassungen von Architektur als dieses VITRAHaus einerseits und das VITRA-Museum zum anderen sie darstellen. Es gilt, diese Gegensätze nicht zu sehr im Gesamtbild zu betonen. Die VITRA-Verantwortlichen erreichten dies, indem Sie dem VITRAHaus eine ruhige Aussenfarbe gaben: anthrazit.

 

Der  B u c k m i n s t e r   - F u l l e r - Dome aus dem Jahr 2000 mit seiner leichten Kuppelkonstruktion aus Metallrohren (geodätische Dreieckskonstruktion, Durchmesser: 25 m), ist mit textilem Material bespannt. Er liegt gleich nebenan.

Der Dome hat keine Funktion innerhalb der Produktion oder der Präsentation, er ist Bestandteil der dritten Säule des VITRA-Lebens auf diesem Campus, der Vermittlung der Geschichte von Design und Architektur, Kunst inbegriffen.

 

 

 

Wichtig zu erwähnen ist  noch das Schaudepot, von  H e r z o g   &   d e   M e u r o n entworfen und im Jahr 2016 eröffnet. Es ist der Aufbewahrungsort für alle Kunstwerke im Besitz der eigenen Sammlungen.  Das Schaudepot  ist ein fensterloses, klimatisiertes Gebäude, welches die Objekte vor störendem Lichteinfall  schützt und eine optimale Temperatur gewährleistet. An der Führung durch dieses Gebäude konnte ich leider nicht teilnehmen. 

 

Im großzügigen Aussenbereich des Campus haben kleine Gebäude und Objekte verschiedener Art ihren Platz gefunden. Es geht hierbei um Architektur, Design, und Interieur und z.T. deren charmante Grenzbereiche, - einige Beispiele:

 

Diogene (nach Diogenes), Entwurf  R e n z o   P i a n o , ist ein kleines mobiles Haus mit einer Fläche von 2,5 x 3 m als geschlossenes System: Photovoltaik-Zellen, Solarpanele, Regenwassertank, biologische Toilette, natürliche Belüftung, 3-fach-Isolierverglasung.

 

Ein Blockhaus von  T h o m a s   S c h ü t t e , von Rolf Fehlbaum als kleines Modell in einer Galerie entdeckt, wurde auf seinen Wunsch in Original-Größe nachgebaut.

 

Ein Tankstellen-Gebäude von  J e a n   P r o u v è   in den Farben rot-weiss-oliv gilt als Vorläufer der Hightech-Architektur.

 

Der Rutschturm von  C a r s t e n   H ö l l e r  ist das Werk eines Künstlers, der  als Naturwissenschaftler begann. Für ihn spielt das Experiment eine wichtige Rolle. Man sieht eine Rutsche und genießt die Geschwindigkeit des Hinuntergleitens. Höller beschäftigt sich dabei aber mit der  Veränderung der  Wahrnehmung und des Bewusstseins. Und wichtig für ihn ist ein Freiheitsmoment: loslassen, sich der Bewegung hingeben, Glück verspüren.

Am Rutschturm ist zudem eine Uhr installiert mit zwei möglichen Lesarten. Damit will Höller uns die Fragwürdigkeit zeitlicher Festlegung ins Bewusstsein rücken.  

 

Zum Schluss sei noch auf die ‚Balancing Tools‘ hingewiesen, grosse Werkzeug-Nachbildungen, die der Künstler   C l a e s   O l d e n b u r g   eschaffen hat. Dies hat familiären Bezug: Es ist ein Geschenk von Rolf Fehlbaum und seinen beiden Brüdern an ihren Vater zum 70. Geburtstag.

 

VITRA, das ist eine grosse Erfolgsgeschichte, aus kleinen Anfängen heraus entstand eine Weltfirma, deren Produkte ein hohes Mass an Ästhetik und edler Form ausdrücken, sie sind 

 gefragt!  

 

 Das VITRA-Design-Museum sollte ursprünglich nur die Design-Sammlung des Rolf Fehlbaum aufnehmen. Es ist dieser Aufgabe längst entwachsen und bekleidet in  der europäischen Museumslandschaft einen sehr  hohen Rang mit Ausstellungen, die weltweit beachtet werden.

Das VITRA-Design-Museum atmet zwar noch den Geist seines Schöpfers, ist aber als als Institution unabhängig und ist vollkommen losgelöst von den kommerziellen  VITRA-Aktivitäten. (DIE Fehlbaum-Sammlung befindet sich heute im Schaudepot).

 

 

 

 


FGD Exkursion: Lost Place: Hotel Waldlust (Freudenstadt)

 

Exkursion am 24.04.22 zum in Freudenstadt  Hotel Waldlust in Freudenstadt (Fototermin von 10:00 Uhr bis 16:00 Uhr).

Das Hotel Waldlust gilt als einer der bekanntesten Lost Places in Baden-Württemberg.

 

Das Hotel Waldlust in Freudenstadt wurde 1902 für den Hotelier Ernst Luz erbaut. Nach der Eröffnung beherbergte das Grand Hotel den internationalen Hochadel: Fürsten, Sultane und Könige. 1926 residierte König Gustav V. von Schweden im Hotel Waldlust, in den 1930er Jahren waren die weltbekannten Filmstars Douglas Fairbanks und Mary Pickford untergebracht.

Aus einer eleganten Villa, dem Sommerhaus Waldlust, entstand ein exklusives Hotel mit 140 Zimmern, 60 Privatbädern und 100 Liegebalkonen. Anfang der 1920er Jahre wurde ein stuckverzierter Festsaal angebaut. Die Hanglage im Grünen bietet einen grandiosen Ausblick nach Osten bis zur Schwäbischen Alb.

In den 1940er Jahren erlebte das Hotel im Familienbetrieb unter Adele B. eine Blütezeit. Die Hotelinhaberin wurde 1949 in ihrem Zimmer ermordet; nach ihrem Tod und dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde das Haus zu einem Lazarett umfunktioniert. Seit den 1960er Jahren berichtete das Personal über unerklärliche Phänomene, die mit der unerlösten Seele von Adele B. in Verbindung gebracht wurden.

Nach vielen Besitzerwechseln und Leerständen ist das Hotel seit 2005 ungenutzt und steht zum Verkauf. Der Verein für Kulturdenkmale Freudenstadt e. V. hat sich den Erhalt des Kulturdenkmals und seines Parks zur Aufgabe gemacht. Er sichert Bau und Park und bietet Führungen, Veranstaltungen und Übernachtungen im verfallenen Hotel an.Wiederholt dient das leerstehende Gebäude als Kulisse für Filmproduzenten, Hobbyfilmer und Fotografen.